Axel Weber
45 Jahre Sozialpolitik - und mehr



Zwischen 33 und 45
Es gibt Dimensionen von Gräuel
Die so gewaltig sind
Dass sie mit der Zeit
Zur sachlichen Information abgeflacht werden
Um nicht Generationen hartnäckig zu quälen und
Zweifel im Gewissen zu verstetigen die lähmen


Sie sperren sich
Durch zwangsläufig eindimensionale
Verfügbare Darstellungsweisen
Erfasst und wachgehalten zu werden
Die zudem Mitwirkung erfordern und
Die in Zeiten verblassen


Unbeschreibliches menschliches Leid
Nicht fassbare Qualen und millionenfacher Mord
Bürokratisch geplant und professionell verwaltet
Im Jubel von Massen umgesetzt
Sprengen jede Fähigkeit
Zu angemessenem Verstehen und Nachfühlen im Einzelfall


Es bleibt die nicht enden wollende
Verunsicherung
Über die unbegreifliche Erfahrung
Der kollektiven Aggression Verrohung Gefühlskälte und Gleichgültigkeit
Einer großen Kulturgemeinschaft
Mit ansonsten herausragender Bildung Kreativität und Leistung


Diese Geschichte aller Deutschen hat mich mein ganzes Leben begleitet. Ich habe unzählige Male darüber nachgedacht, gelesen, Filme gesehen, Ausstellungen und Länder besucht, Erzählungen von Zeitzeugen gehört. Und doch bleibt mir vieles so schrecklich unverständlich, unzugänglich, unnahbar. Wie hätte ich mich damals wohl verhalten? 

Als Kind habe ich es noch erlebt, dass ich mit Beklemmungen nach Frankreich und England gefahren bin, das schlechte Gewissen im Gepäck. Und ich bin so froh, dass wir heute zusammen mit vielen, denen wir Leid angetan haben in einem Europäischen Haus leben. Umso schlimmer fand ich den Brexit und die dumpfe Europafeindlichkeit, die sich breit macht. Ich hoffe sehr, es bleibt eine unbelehrbare Laune von Minderheiten. 


Der Panther
Im Jardin des Plantes, Paris


Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.


Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.


Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf –. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille –
und hört im Herzen auf zu sein.


Rainer Maria Rilke, 1903
Hat mich schon als Schüler beeindruckt